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2024 | Buch

Indien im 21. Jahrhundert − Auf dem Weg zur postindustriellen Ökonomie

India in the 21st Century – On its way to a post-industrial economy

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Über dieses Buch

Angesichts seiner fast 1,4 Milliarden Einwohner, seiner wirtschaftlichen Entwicklung und geopolitischen Attraktivität hat Indien das Potenzial, eine führende Weltmacht zu werden.

Ein Großteil dieses Potenzials ist Wirklichkeit. Indien ist heute vor China die am schnellsten wachsende Volkswirtschaft der Welt. Aber Indien kämpft nicht nur mit seiner Zukunft, sondern auch mit Herausforderungen der Gegenwart, wie der Armut und ernsthafter Umweltbedenken.

Unter der Annahme, dass China morgen aufhört zu wachsen, und dass Indien jährlich um 7 bis 8 Prozent wächst und sein Einkommen alle zehn Jahre verdoppelt, würde Indien China immer noch nicht vor 2050 einholen. Ohne wirtschaftliche und technologische Schlagkraft werden Indiens Ambitionen, bald eine Großmacht zu werden, genau das bleiben: Ambitionen.

Das Buch besteht aus deutsch- und englischsprachigen Beiträgen und umfasst Themen wie das soziale und kulturelle Fundament Indiens, die Ökonomie Indiens, das Finanzwesen und die indische Politik vor dem Hintergrund regional und globaler Strukturen oder Indiens strukturelle Herausforderungen, wie z.B. die Frage der Nachhaltigkeit sowie der Urbanisierung und Digitalisierung.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Kultur und Gesellschaft als Determinanten sozioökonomischer Entwicklung

Frontmatter
1. Eine Matrix indischer Kulturstandards – Wie können wir Indien verstehen?
Zusammenfassung
Indien ist ein Subkontinent der Widersprüche: archaische Kulturmuster und modernste Technologie, Ochsenkarren gegenüber Digitalisierung, bitterste Armut neben unermesslichem Reichtum, kreatives Chaos gegenüber strikten Familienordnungen, unzählige Sprachen und Religionen – und dennoch ein Einheitsbewusstsein, ein Kulturstolz, der sich abgrenzt und doch zugleich das je Andere zu vereinnahmen in der Lage ist. Indien, dessen gut funktionierende Institutionen – Militär, Verwaltung, Bildungswesen, Bahn, Post – vom kolonialen Erbe geprägt sind und doch eine moderne nationale Entwicklung gestützt haben; Indien, das gelegentlich an Bürokratie zu ersticken droht und doch Feste und Pilgerschaften organisieren kann, die bis zu 20 Mio. Menschen transportieren, auf engem Raum zusammenführen und ernähren; Indien, das für so viele unerträglich widersprüchlich und doch unendlich faszinierend zugleich ist …
Was hält diese Welt zusammen? Warum bricht dieses heterogene Staatengebilde nicht auseinander? Handelt es sich überhaupt um eine Nation oder um mehrere? (Diese Frage ist nicht neu, sondern bereits Ende des 19. Jahrhunderts gestellt worden. Dazu Ainslie T. Embree, Utopias in Conflict. Religion and Nationalism in Modern India, Delhi: Oxford University Press 1992.) Immer wieder in der Zerreißprobe – ökonomisch, ökologisch, religiös – und doch nicht zerrissen.
Michael von Brück
2. Indiens Exzeptionalismus, kognitive Souveränität und Vernakularisierung
Zusammenfassung
Die fortschreitende Umformung angeeigneter ‚westlicher‘, als ‚international‘ betrachteter Vorstellungen dürfte gepaart mit kognitiver Souveränität eine weitere Vernakularisierung der indischen Politik verursachen, die die staatliche Vorstellungswelt und somit auch seine Handlungen entsprechend beeinflussen. Eine adäquate Befassung damit wäre auch im Eigeninteresse des ‚Westens‘.
Rahul Peter Das
3. Religion und die soziale Ordnung Indiens
Zusammenfassung
Die Bedeutung von Religion für die soziale Ordnung in Indien scheint offensichtlich: Sie bestimmt Zugehörigkeiten, leitet Alltagspraktiken an und ist der Ansatzpunkt für politische Mobilisierungen. Die Volkszählung von 2011 ergibt unter anderem eine halbe Milliarde Hindus, 89 Mio. Muslim*innen und 28 Mio. Christ*innen, nur eine vergleichsweise geringe Minderheit, 2,9 Mio. geben keine religiöse Zugehörigkeit an.
Freilich ist die die Rede von Religion bezüglich Indien nicht unproblematisch, kann das Konzept doch als christlich-westliche Kategorie entlarvt werden, welches dem Subkontinent während der Kolonialzeit oktroyiert wurde. Trotzdem hat sich Religion mittlerweile als emische Kategorie etabliert und muss schon deshalb auch für die soziologische Analyse fruchtbar gemacht werden. Dies darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die in Indien vorzufindende Konfiguration von Individuum, Religionsgemeinschaft und Gesellschaft sich von den Verhältnissen, die den westlichen Religionsbegriff geprägt haben, stark unterscheidet.
Diese Konfigurationen werden für die Frage nach der Bedeutung von Religion für die soziale Ordnung Indiens anleitend sein. Es wird danach gefragt, wie Religion und Gemeinschaft zusammenhängen, was von der Auseinandersetzung mit der Bedeutung von Säkularismus und Kaste nicht zu trennen ist.
Im Anschluss daran geht es darumt, wie Religion die gemeinschaftlich konstituierte Einflusssphäre verlässt und über die Hindutva-Bewegung Indien als Nation beeinflusst, eine Entwicklung, die mit der zunehmenden Wichtigkeit von Guru-Religiosität einher geht. In diesem Beitrag wird sie hinsichtlich ihrer Implikationen für das Zusammenspiel von Tradition und Moderne befragt wird.
Rafael Walthert
4. Achsen der sozialen Ungleichheit in Indien
Zusammenfassung
Indien ist nicht deshalb so besonders, weil es dort etwas gäbe, das sonst nirgendwo vorliegt, sondern weil verschiedene Elemente teilweise extrem gesteigert und in spezifischer Weise miteinander verflochten sind. Ein Paradebeispiel sind die sozialen Verhältnisse, die noch unentwirrbarer mit ökonomischen, politischen und religiösen Aspekten vermengt sind, als in anderen Kulturen oder Regionen der Welt.
Im vorliegenden Beitrag wird die Sozialstruktur Indiens hinsichtlich des gängigen Worts „Kaste“ diskutiert. Bei näherem Hinsehen wird ersichtlich, dass nicht klar ist, welche Realität damit bezeichnet werden soll. Auch gibt es kein in ganz Indien einheitliches „Kastensystem“. Darüber hinaus sollte man sich vor weiteren Fehldeutungen hüten: Kasten sind nicht Jahrtausende alt, wie viele Inder gerne behaupten, und sie unterlagen im Laufe der Geschichte erheblichen Wandlungen in Wechselwirkung mit den politisch-ökonomischen Rahmenbedingungen.
Gernot Saalmann
5. Muslimische Gläubige und religiöse Bildung – Ihre Bedeutung in der indischen Gesellschaft
Zusammenfassung
Der im Folgenden dargestellte Bereich der indischen Gesellschaft findet hierzulande weder in den Medien noch im wissenschaftlichen Betrieb gebührend Berücksichtigung und dies ungeachtet der tiefgreifenden Wechselbeziehungen zwischen muslimischen Kulturträgern und Hindus, die bereits seit frühislamischer Zeit bestehen und die sowohl das Hindutum als auch den Islam in Südasien sowie – seit 1947 – das säkulare Indien nachhaltig geprägt haben. Hier sind sich, wie auch anderswo, Minderheit und Mehrheit begegnet, haben sich voneinander abgegrenzt, ergänzt oder gegenseitig konzeptualisiert und somit stets ein kulturelles und äußerst komplexes Ensemble gebildet. In den Interaktionen treten Gruppenbildungsprozesse zum Vorschein, die je nach Interessenlagen der Fraktionen in ethnischer, sprachlicher und politischer Hinsicht variieren können. Religiosität wird dabei zum sprachlichen und symbolischen Ausdruck verschiedener Verhandlungsprozesse zwischen Mehrheit und Minderheit, Religion zum ordnungspolitischen Interpretationsrahmen gesellschaftlicher Realität. Das heißt, dass das religiöse Repertoire funktionalen Charakter hat und sich also dem Kontext anpasst.
Jamal Malik

Indiens Politik und Ökonomie als Produkt sozialer Interaktion

Frontmatter
6. Skizze zur sozioökonomischen Entwicklung des modernen Indiens
Zusammenfassung
Die aktuelle indische Regierung sowie Nachfolgeregierungen müssen sich strukturimmantenten Herausforderung stellen. Einfach ausgedrückt heißt es: Sie müssen sich darauf fokussieren die Nachfrage nach Arbeit mit der Problematik des Angebots an Arbeitsqualität zu lösen. Damit ist es notwendig, dass ein Entwicklungspfad eingeschlagen wird, der ein beschäftigungsintensives Wachstum zulässt und dieses mit spezifischen sozialpolitischen Maßnahmen begleitet wird. Das erfordert eine entsprechend ordnungspolitische Rahmensetzung, in der die Wirtschaftspolitik es ermöglicht, dass z. B. das verarbeitende Gewerbe gefördert wird, die Rolle der ländlichen Bevölkerung adressiert wird und dafür gesorgt wird, dass eine Veränderung des Beschäftigungsmusters entsprechend erfolgt.
Markus H. -P. Müller
7. Evolution of India’s Financial System – The Backbone of Transformation
Zusammenfassung
As India continues its journey towards a financially inclusive regime through innovative policies involving a multi-pronged approach balancing equitable distribution with efficiency, the country’s financial system has come a long way. It has evolved from being a financially repressive regime, especially in the 70s, to a modern financial sector where public sector financial institutions tend to compete with the private sector financial institutions. In the future, the Indian financial sector could focus on further privatization of banks and insurance companies for increased efficiency/profitability, expanding insurance and pension systems, increasing the penetration of mutual funds, and developing domestic institutional investors leading to better domestic liquidity in capital markets. Policymakers could also weigh allowing full capital account convertibility in due course of time, in order to truly internationalize the Indian Rupee, which will help attract more foreign capital inflows further aiding India’s transformation into a post-industrial economy.
Markus H. -P. Müller, Sagar Singh
8. Das neue Indien – Auf dem Weg in die Zweite Republik
Zusammenfassung
Der politische Aufstieg der Bharatiya Janata Party (BJP, Indische Volkspartei) seit Mitte der 1980er-Jahre markierte einen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandel mit neuen politischen Mehrheiten. Bei der Wahl 2014 errang die BJP unter Narendra Modi mit der Vision eines „neuen Indiens“ (Naya India) erstmals eine absolute Mehrheit im Parlament, die sie 2019 noch weiter ausbauen konnte. Das neue Indien der BJP unterscheidet sich in vielen Punkten fundamental von den Ideen, die nach 1947 von der Kongresspartei umgesetzt wurden. Die Herausforderungen und der Wandel, denen sich die erste Republik unter der Vorherrschaft der Kongresspartei und die zweite Republik unter der BJP gegenüber sahen (Yadav, 2020, S. xxi–xxix), werden im vorliegenden Beitrag anhand der Veränderungen in den Bereichen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft diskutiert.
Christian Wagner
9. Indiens gefährdeter Zusammenhalt – Soziale Kohäsion, Ungleichheit und die Zukunft der Demokratie
Zusammenfassung
75 Jahre nach der Unabhängigkeit steht Indien an einem Scheideweg. Das Land war seit seiner Unabhängigkeit ein seltenes Beispiel für gesellschaftliche Vielfalt und friedliche Koexistenz höchst unterschiedlicher sozialer Gruppen, das die von (zumeist) westlichen Beobachtern vorhergesagten Szenarien des Zerfalls und Niedergangs immer wieder widerlegt hat.
Die hindu-nationalistische Politik der Regierung Modi gefährdet den Zusammenhalt der Gesellschaft und den Fortbestand der Demokratie. Die zunehmende Diskriminierung von religiösen Minderheiten, insbesondere von Muslimen, vertieft die Polarisierung der Gesellschaft und droht, das dynamische, aber fragile Gleichgewicht zwischen sozialer Fragmentierung und Demokratie aus der Balance zu bringen, das bislang ein wichtiger Garant für die soziale und politische Stabilität des Landes war. Die wachsende politische und religiöse Polarisierung der Gesellschaft lenkt den öffentlichen Diskurs zudem von wichtigen Themen wie Gesundheit, Bildung, Beschäftigung und der Bekämpfung der nach wie vor weitverbreiteten Armut und Ungleichheit ab.
Gegenwärtig stehen die „unnatürliche Nation“ und seine „unwahrscheinliche Demokratie“ deshalb erneut vor einer neuen großen Bewährungsprobe.
Peter Walkenhorst, Murali Nair
10. Swingstate – Im Spannungsfeld hoher Ansprüche und neuer geopolitischer Realitäten
Zusammenfassung
Bewegt sich Indien in der zunehmenden Polarität der Welt in eine bestimmte Richtung? Der Systemwettbewerb zwischen China und dem sogenannten Westen zeichnet sich immer deutlicher ab, tatsächlich hat er bereits seit einigen Jahren Fahrt aufgenommen. Auf der einen Seite steht der sogenannte Westen, der aus Nordamerika und Europa sowie „like-minded“ Partnern wie Japan, Australien, Neuseeland, Taiwan und Südkorea besteht. Auf der anderen Seite steht China. Zu diesem Lager sind Russland, Belarus, Iran, Nordkorea und Pakistan unzweifelhaft zu zählen. Auf der einen Seite stehen Demokratien, die eine Form der Marktwirtschaft praktizieren. Auf der anderen Seite stehen hingegen autoritäre Regime, die einen kontrollierenden und repressiven Staat geschaffen haben und eine staatlich gelenkte Wirtschaftsordnung aufweisen. Die Folge ist eine Desintegration in den Welthandel oder –wie im Falle Chinas – eine Teilnahme am Welthandel nach eigenen Regeln. Mit diesem grundlegend unterschiedlichen Staatsverständnis geht eine aggressive Außenpolitik einher. So wie die Machthaber die eigene Bevölkerung entrechten, so entrechten sie andere Staaten in Bezug auf ihre Souveränität. Dabei sind die Missachtung der Menschenrechte und die Missachtung jeglicher regelbasierten internationalen Ordnung sowie der Institutionen, durch die diese Ordnung repräsentiert wird, obligatorisch. Vor diesem Hintergrund wird Indiens Position in der vorherrschenden geopolitischen Realität im vorliegenden Beitrag diskutiert.
Adrian Haack
11. Die Außenpolitik und Außenwirtschaft Indiens
Zusammenfassung
Indiens Außenwirtschaft war immer eng verknüpft mit den regionalen und globalen politischen Ambitionen des Landes und vor allem mit der Außenpolitik der jeweiligen Regierung. Seit der Unabhängigkeit des Landes im Jahr 1947 hat diese Politik mehrere Phasen erlebt. Sie reichen vom frühen Idealismus während der Nehru-Jahre bis zur heutigen hindu-nationalistischen Innenpolitik. Grob gerastert ergibt sich folgende Chronologie mit unterschiedlichen Schwerpunkten und Wertvorstellungen: Idealismus, Realismus und Geopolitik, Liberalismus und wirtschaftlicher Neo-Liberalismus sowie der bis heute praktizierte Hindu-Nationalismus, der außenwirtschaftlich am Freihandel festhält. Die unterschiedlichen Wertvorstellungen und Ideologien schlugen sich auch in der Außenwirtschaftspolitik nieder. Vor diesem Hintergrund soll Indiens Außenpolitik und Außenwirtschaft in dem vorliegenden Beitrag näher betrachtet werden.
Herbert Wulf
12. Indien und seine Entwicklungszusammenarbeit
Zusammenfassung
Worin steuert die indische Entwicklungszusammenarbeit? War Indiens Entwicklungspolitik in den ersten Jahrzehnten nach der Unabhängigkeit von den ‚klassischen‘ Instrumenten des Capacity Buildings und der direkten Finanz- und Sachhilfen geprägt, rückten nach der wirtschaftlichen Liberalisierung nach und nach die Lines of Credit in den Vordergrund. Mit dem ansteigenden Außenhandel und den steigenden ausländischen Direktinvestitionen wurden zudem diese beiden Bereiche, die Neu-Delhi ebenfalls als Teil seiner Entwicklungszusammenarbeit sieht, immer bedeutender. Zwar sind auch die Budgets für Indiens ‚klassische‘ Instrumente gestiegen; für die heutige Entwicklungszusammenarbeit wäre eine alleinige Betrachtung von Haushaltszuweisungen allerdings zu kurz gegriffen. Angesichts des enorm steigenden Handelsvolumens mit dem Globalen Süden und der milliardenschweren Kreditlinien muss der relative Bedeutungsgewinn der indischen Außenwirtschaftsinstrumente gegenüber den klassischen Komponenten der indischen Entwicklungspolitik als klarer Trend diagnostiziert werden, der sich aller Voraussicht nach fortsetzen wird.
Die Herausforderung wird sein, eine gewisse Balance zu wahren, damit die indische Politik gegenüber dem Globalen Süden nicht gänzlich ununterscheidbar wird von jener Chinas oder der westlichen Staaten. Wenn die Entwicklung der Beziehungen Neu-Delhis zu seinen Partnern im Globalen Süden auf eine fortschreitende Ökonomisierung der Süd-Süd-Kooperation hinausläuft, untergräbt diese Entwicklung allmählich das normative Fundament, auf dem ebenjene aufbaut – und die Beschwörung der ehernen Bandung-Prinzipien wird zunehmend hohl klingen. Es bleibt abzuwarten, ob Neu-Delhi in der Lage sein wird, diese kognitive Dissonanz aufzulösen.
Philipp Gieg

Nachhaltigkeit, Urbanisierung und Digitalisierung als Schlüsselfaktoren für Indiens zukünftige Entwicklung

Frontmatter
13. Indien und der Klimawandel
Zusammenfassung
Der Umgang mit den Folgen des Klimawandels erfordert auch für Indien einen grundlegenden Wandel der Denkweise, des Verhaltens, der Handlungen und Werte. Im Zentrum der weltweiten Klimadebatte steht deshalb die Forderung, Wirtschaftswachstum mit Klima- und Umweltschutzmaßnahmen in Einklang zu bringen. Mit Blick auf Treibhausgasemissionen (THG-Emissionen) hat Indien in der Vergangenheit im Vergleich zu anderen Ländern zwar sehr wenig beigetragen und noch sind Indiens jährliche Pro-Kopf-Emissionen eher niedrig, doch aufgrund seiner großen Bevölkerung ist das Land bereits jetzt der drittgrößte Emittent weltweit. Durch zukünftige Wohlstandsgewinne und weiteres Bevölkerungswachstum, werden absehbar sowohl Pro-Kopf-Emissionen als auch Indiens Anteil an den weltweiten THG-Emissionen weiter ansteigen. Deshalb sind Klima- und Umweltschutzmaßnahmen in Indien von hoher Bedeutung. Wie wird der Klimawandel sich auf Indiens Gegenwart auswirken und welche Rolle wird er für die Zukunft des Landes spielen, wird im vorliegenden Kapitel diskutiert.
Jasprit Kaur, Elena Rittger, Somya Bhatt, Jai Kumar Gaurav, Rajat Shubro Mukherjee, Vijeta Rattani, Julian Teetzen
14. Indiens Öl- und Gasindustrie – Wie kann die Energiewende gelingen?
Zusammenfassung
Die Tatsache, dass Indien bereits heute der drittgrößte Emittent von Treibhausgasen ist – obwohl es bei Betrachtung der CO2-Emissionen pro Kopf immer noch am unteren Ende der weltweiten Liste rangiert – macht die Risiken deutlich, die mit einem Wachstum einhergehen könnten, das an die Nutzung der bisherigen gebunden Energiequellen wäre. Noch verbraucht der durchschnittliche indische Haushalt nur rund ein Zehntel des Stroms eines durchschnittlichen Haushalts in den Vereinigten Staaten. Doch ist davon auszugehen, dass der Energiebedarf des Landes in den kommenden Jahrzehnten rasant steigen wird.
Bei der Umstellung auf geringere Emissionen und auf dem Weg zu Kohlenstoffneutralität spielen multinationale Unternehmen und Finanzinstitute zwar eine wichtige Rolle, doch ‚über 70 % der weltweiten Energieinvestitionen werden von staatlicher Seite getätigt, und damit ist die Botschaft klar – das Energie-Schicksal der Welt liegt in den Händen der Regierungen‘, wie die IEA betont.
Angesichts des rasanten Wachstums wird klar, dass Indien im Kontext der globalen Bemühungen, Volkswirtschaften und Wertschöpfungsketten umweltfreundlicher und kohlenstoffärmer zu gestalten, eine wichtige Rolle spielen wird, aber wie wird es Indien gelingen?
Tim Steinecke
15. Trajectories of Urbanization in Contemporary India
Zusammenfassung
Urbanization is the concentration of people, capital, and jobs in cities that become hubs of talent, wealth, and opportunities. Cities have driven the growth of industrialized countries and as developing countries in Asia and Africa transition from largely agrarian economies towards industrial, service, and knowledge economies they will become increasingly more urban. However, this process of becoming urban will differ greatly due to local geographic, cultural, social, and political specificities.
The process of urbanization has concentrated some of the most challenging developmental issues in service delivery, housing, and mobility while also opening up a wider territory to face critical challenges towards social justice, the future of work, and the fight against climate change. This territorial view extends the scope of design and planning to address the social inequities and ecological imbalances not only within the space of cities but also across the transforming rural landscapes that will define the nature of migration, urbanization, and climate adaptation in countries like India.
Sourav Kumar Biswas, Rahul Mehrotra
16. A Demographic-Economic Lens On India’s Urbanization
Zusammenfassung
The level of India’s urbanization has thus far been consistently lower compared with the average for the less developed countries. Nor has India demonstrated any initiative that will bring its urbanization parameters close to what scholars such as Neil Brenner and Henri Lefebvre call, ‘planetary’ or ‘generalised’ urbanization, a process associated with economic globalization and integration and information revolution .
This essay examines firstly, the trends in India’s urbanization, covering the scale, pace, rate, composition, and its spread and distribution across city-sizes and spaces at various levels and secondly, the interconnections and interdependence between urbanization and key economic parameters such as the gross domestic product (GDP) and the labour market.
Om Prakash Mathur
17. Getting a Grip on Green – Indian Cities and the Promise of Sustainability, Resilience, Inclusion
Zusammenfassung
The shift to low-carbon urbanized lifestyles may remain a mere projection of national ambition unless India finds effective ways to address three fundamental development challenges. First is the challenge posed by the strategic management of urbanization in a nation that comprises a federation of states with hugely varying socioeconomic conditions. Second is the challenge of systemic inequalities that retard the achievement of just transitions. Third is the challenge of state capacity, which is severely limited and thus exacerbates other challenges. When combined, these suggest that the sustainable, resilient and inclusive cities that India has promised to its own citizens and the world will need more transformation than the statism and social reformism that underpins its current strategies.
Jagan Shah
18. Radical Well-Being Approaches for the Global South
Zusammenfassung
Across the world, overwhelming evidence of the ecological unsustainability and social injustice of the current path of development has led to a range of responses. A substantial part of governmental, corporate and civil society effort has been towards ‘greening’ the economy, elaborating and trying to adopt principles of ‘sustainable development’, ‘green economy’, or other such concepts and frameworks. The most ambitious of these has been the 2015 agreement amongst countries to adopt the Sustainable Development Goals (SDGs). With evidence of the impacts of the climate crisis mounting, these responses have been added to more recent ones like ‘net-zero’, carbon trading, nature-based solutions, and technical fixes such as geoengineering.
It is understandable that there is a deep, widespread of anxiety and pessimism in society, including in today’s youth. With daily news of war and conflict, ecological and climate catastrophe, stark inequalities, health crises related to both poverty and affluence, the authoritarianism of governments, and the stranglehold of banks and mega-corporations in all aspects of our lives, it is difficult to be hopeful of humanity’s future. But there are powerful counter-trends, which we need to understand, take inspiration from, and help nurture and sustain. These include mass resistance to dominant structures and their manifestations, as also grounded radical alternatives that demonstrate the possibilities of a more just and sustainable world.
What follows is an attempt to look at this in two ways, first a somewhat conventional way of setting planning goals for a country like India, and then, a more radical way of restructuring the local-to-global system itself.
Ashish Kothari
19. Digital India: Past, Present and Future
Zusammenfassung
India is going through the most unprecedented transformation in human history of the free world. The decade of 2020–2030 in India will witness major, non-linear transformations, manifesting as global megatrends that will generate high-impact opportunities, at unseen speed and scale, necessitating just-in-time response agility from demand-supply-trust ecosystems built on a strong core of digital technologies and connectedness. This beseeches unprecedented, coordinated action from governments, market-players and citizens, for technology will emerge as the foundation for success. Although the Digital India initiatives are focused on reducing digital divide, a multi-pronged strategy is required for India to emerge as a leading digital economy. The objectives of any national level digital initiative can be successfully achieved if such a strategy is implemented through which the framework, policies, guidelines, reforms, and business process re-engineering are constantly evolved to address the needs and aspirations of citizens. With such national strategic catalysts, an overarching objective of “Minimum Government and Maximum Governance” can be achieved only when governments imbue the “Whole-of-the-Government Approach”. Several global Indices too must be leveraged further to benchmark the governance performance such as e-Governance Development Index (eGDI), Good Governance Index, e-Participation Index (ePI) and so on.
Charru Malhotra
20. Das indische Startup-Ökosystem – Die Einhorn-Fabrik
Zusammenfassung
Nicht nur in Sachen Einhörnern ist Indien auf Weltrang drei, sondern ihr Nährboden, das gesamte indische Startup-Ökosystem rund um die Metropolen Delhi, Bengaluru und Mumbai, ist mittlerweile das drittgrößte der Welt: knapp 80.000 registrierte Startups zählt das Department for Promotion of Industry and Internal Trade des indischen Ministeriums für Handel und Industry im Oktober 2022, welches im Jahr 2016 die Startup-India-Initiative gelauncht hat. Laut offiziellen Angaben wurde in mehr als 8000 Deals über 134 Mrd. USD zwischen 2014 und Q3 2022 in rund 5200 indische Startups investiert – davon ein Drittel (42 Mrd. USD) des Betrages allein im Rekordjahr 2021. In Deutschland wurden im Jahr 2021 17 Mrd. € in Startups investiert – ebenfalls Rekordwert.
Besonders gut lassen sich vor allem Produkte skalieren, die digital und somit einfach zu vervielfältigen sind. Dass Indien im Bereich der Informationstechnologien (IT) ihre Stärken besitzt ist nicht neu und die Erfolgsstory des indischen Startup Ökosystems beruht maßgeblich auf dieser Industrie. Doch reichen kluge Köpfe, Kapital und ein offensichtlich großer Markt aus? Und welche Rolle spielt die Regierung? Gründe für den Erfolg des indischen Startup-Ökosystems sind – wie so oft – multifaktoriell. Im Folgenden werfen wir einen Blick auf verschiedene Faktoren, um ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen. Doch zunächst schauen wir ein paar Jahre zurück, auf eine prägende Geschichte, die einen maßgeblichen Anteil an diesem Erfolg besitzt.
Julian Zix
Metadaten
Titel
Indien im 21. Jahrhundert − Auf dem Weg zur postindustriellen Ökonomie
herausgegeben von
Markus Hans-Peter Müller
Copyright-Jahr
2024
Electronic ISBN
978-3-658-43014-6
Print ISBN
978-3-658-43013-9
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-43014-6

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