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Open Access 12.05.2023 | Angewandte Geographie

Lebensmittelmarkt im Wandel

Eine raumwirtschaftliche Analyse der Standortanforderungen des Online-Lebensmittelhandels am Beispiel der Stadt Köln

verfasst von: Emma Caroline Prumbaum, Simon Rohde

Erschienen in: Standort

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Zusammenfassung

Besonders in urbanen Ballungsgebieten konnten Online-Lebensmitteleinzelhändler in den vergangenen Jahren Marktanteile hinzugewinnen. Auch in der Großstadt Köln drängen verstärkt Anbieter mit online- und lieferbasierten Geschäftsmodellen auf den Markt des Lebensmitteleinzelhandels. Vor allem Betriebsformen, die ihre Produkte nur mit digitalen Plattformen anbieten und das Sortiment per eigener Lieferflotte vertreiben, haben das Potenzial, Einkaufsverhalten und Logistikketten zu verändern. Vor diesem Hintergrund ist es das Ziel dieses Beitrags, die Unterformen des reinen E‑Commerce innerhalb des Kölner Stadtgebiets zu charakterisieren, zu verorten und anhand der räumlichen Verteilung Rückschlüsse auf die zugrunde liegenden Standortanforderungen zu ziehen. Die Ergebnisse zeigen unter anderem, dass die primären Standortanforderungen der Unternehmen des klassischen E‑Commerce eine gute Verkehrsanbindung sowie eine ausreichende Flächenverfügbarkeit sind. Dem gegenüber stehen Unternehmen des sog. Quick-Commerce, welche die Nähe zu Verkehrswegen durch die Nähe zu Kund*innen substituieren. Dementsprechend liegen die Standorte des Quick-Commerce in zentralen Lagen, die in den Flächennutzungsplänen zumeist als Wohngebiet ausgewiesen sind. Dieser Beitrag bildet eine Basis zur Erklärung der Standortanforderungen dieser neuen Distributionsform.

Einleitung

Beschleunigt durch Maßnahmen verknüpft mit der Coronapandemie nahm in den vergangenen Jahren in Deutschland die mediale, wirtschaftliche, aber auch räumliche Präsenz von Lebensmittelhändlern, die den Handel der Waren online durchführen (E-Commerce), deutlich zu (Dannenberg et al. 2020, S. 552, 553). Betrug der Anteil des Online-Lebensmitteleinzelhandels (OLEH) am Umsatzvolumen im gesamtdeutschen Lebensmitteleinzelhandel 2018 noch 1,2 %, so stieg der Anteil bis 2021 auf 2,8 %, was einem Nettoumsatz von 5,71 Mrd. € entspricht. Zudem verzeichnete keine andere Branche im Bereich des E‑Commerce ein dermaßen großes Wachstum (IFH und HDE 2022, S. 11).
Während mittlerweile Konsens darüber besteht, dass der OLEH weiterhin Marktanteile hinzugewinnen wird (Heinemann 2021, S. 161), gibt es zur Struktur dieser neuen Handelsform bisher kaum systematisch erfasste Erkenntnisse (Dannenberg und Franz 2014, S. 1). Grundsätzlich hat der Lebensmittelhandel in seiner Funktion der Daseinsvorsorge eine große gesellschaftliche Bedeutung. Vor diesem Hintergrund ist der Betriebsformenwandel im Lebensmitteleinzelhandel bereits seit mehreren Jahrzehnten ein zentraler Bestandteil der wirtschaftsgeographischen Forschung. Der Bedeutungszuwachs des Onlinehandels mit Lebensmitteln stellt die neuste, noch weitgehend unerforschte Organisationsinnovation in einem Markt dar, dessen Betriebsformen sich seit jeher dynamisch entwickeln (Dederichs und Dannenberg 2017, S. 59, 60, 2021, S. 592).
Die besondere Relevanz für Wissenschaftler*innen erhält der „Wandel von Betriebsformen, durch deren raum-zeitliche Ausbreitungsprozesse sowie durch die veränderten Standortansprüche“ (Kulke 2017, S. 177). Dieser Beitrag wendet sich in erster Linie den veränderten Standortansprüchen zu und sieht Relevanz auch für Planer*innen oder für die Standortsuche von Unternehmen.
Dementsprechend hat der Beitrag das Ziel, anhand des Beispiels der Stadt Köln zu erörtern, welche Standortanforderungen und daraus resultierende räumliche Muster sich aus der Verteilung von Standorten des OLEH in dem Stadtgebiet ableiten lassen. In allgemeiner Wahrnehmung konzentrieren sich die Standorte des OLEH aufgrund logistischer Anforderungen primär auf urbane Ballungsgebiete (Dannenberg et al. 2020, S. 556). Mit einer Bevölkerungszahl von knapp 1,1 Mio. auf einer Fläche von 405 km2 ist Köln nach der Einwohnerzahl die viertgrößte Stadt Deutschlands und stellt somit ein attraktives Marktgebiet für viele Unternehmen dar (Amt für Stadtentwicklung und Statistik 2022b, S. 1; 2022a, S. 3). Köln eignet sich besonders aufgrund der, in Relation zum Bundesdurchschnitt hohen, Bevölkerungsdichte von 2675,24 Einwohner*innen/km2 und einer Kaufkraft von 26.373,70 €/Einwohner*in als Untersuchungsraum (Mendelson und Ruge 2021; Amt für Stadtentwicklung und Statistik 2022b, S. 1; Nexiga GmbH 2022). Zusätzlich konnte am Standort eine Marktpräsenz von mindestens acht Wettbewerbern des OLEH festgestellt werden.

Stand der Forschung und Kategorisierung des OLEH

Angepasst an sich verändernde externe und interne Rahmenbedingungen etablierten sich in den vergangenen Jahren diverse neue Betriebsformen im Bereich des Onlinehandels. Dabei können im Wesentlichen zwei Betriebsformen des OLEH ausdifferenziert werden (vgl. Tab. 1). Die erste Form ist der reine E‑Commerce oder auch Pure-Player, bei dem die Händler die Produkte ausschließlich online vertreiben und über keine eigene Filialstruktur mit Verkaufsraum verfügen. Daneben bildet der Multi-Channel-Handel bzw. ergänzende E‑Commerce, bei dem die Händler sowohl über eine stationäre Filialstruktur als auch über den digitalen Vertriebsweg verfügen die zweite Betriebsform bzw. das Geschäftsmodell (Dederichs und Dannenberg 2019, S. 17, 18, 2021, S. 593, 594). Diese Differenzierung bietet zwar erste Möglichkeiten der Kategorisierung, wird der Komplexität der Geschäftsmodelle auf dem Markt des E‑Commerce jedoch nur teilweise gerecht. Daneben unterscheiden sich die Betriebe in ihrer Strategie zur Überwindung der sog. letzten Meile. Tab. 1 zeigt, dass die Unternehmen hierbei zwischen drei Möglichkeiten, der Abholung durch die Kund*innen, der eigenständigen Lieferung sowie dem Versandmodell durch Kurier-Express-Paketdienstleister (KEP), wählen können (Seitz et al. 2017, S. 1245). Besonders für den Lebensmittelhandel stellt dies eine wichtige strategische und raumwirksame Entscheidung dar (Dederichs und Dannenberg 2021, S. 591). Diese ist jedoch nicht nur für Unternehmen bedeutsam, sondern auch für kommunale Akteure, die Neuansiedlungen planerisch begleiten und ggfs. Fehlentwicklungen unterbinden wollen (Rumscheidt 2019).
Tab. 1
Geschäftsmodelle des Online-Lebensmitteleinzelhandels. (Eigene Darstellung in Anlehnung an Dederichs und Dannenberg 2019, S. 17; Dannenberg et al. 2016, S. 144)
 
Reiner E‑Commerce
Ergänzender E‑Commerce
Liefermodell
Lieferung aus Lager durch eigene Flotte zu den Endkund*innen
Lieferung aus Lager oder Filiale durch eigene Flotte zu den Endkund*innen
Versandmodell
Lieferung aus Lager durch KEP zu den Endkund*innen
Versand aus Lager oder Filiale durch KEP zu den Endkund*innen
Selbstabholung
Abholung aus Lager oder Abholstationen durch die Endkund*innen
Abholung aus Lager, Abholstationen oder Filiale durch die Endkund*innen
Auf Basis unterschiedlicher Kombinationen der dargestellten Vertriebstypen und Distributionsformen ergeben sich die verschiedenen Geschäftsmodelle des OLEH (vgl. Tab. 1). Der Fokus dieses Beitrags liegt auf dem reinen E‑Commerce, der über eigene logistische Einrichtungen verfügt, ein Lebensmittelvollsortiment vertreibt und die Zustellung mithilfe einer eigenen Lieferflotte durchführt.
Bei genauerer Betrachtung der Betriebsform des reinen E‑Commerce lassen sich wiederum unter den Betrieben dieser Art Differenzen in charakteristischen Merkmalen, wie beispielsweise den Versandkosten, der Sortimentsbreite und dem Mindestbestellwert, feststellen. Auf Basis dessen sind zwei Unterformen (vgl. Tab. 2), der klassische E‑Commerce und der Quick-Commerce (Q-Commerce), zu identifizieren (Heinemann 2021, S. 25; Seemann 2014, S. 34).
Tab. 2
Charakterisierung der Betriebsformen des reinen E‑Commerce. (Eigene Darstellung in Anlehnung an Bienert und Wagner 2018, S. 726–729; Kulke 2017, S. 175; Coresight Research 2021; Meier 2021)
Betriebstyp
Merkmale
Beispiel
Lieferzeit
Lagerfläche in m2
Sortiment
Lieferkosten
Mindestbestellwert
Break-Bulk-Point
Klassischer E‑Commerce
Termin (2 h Zeitslots)
> 10.000
Sehr breit und tief
Niedrig
Hoch
Fulfillment-Center
Picnic (vgl. Abb. 1)
Q‑Commerce
Direktlieferung < 60 min
< 1000
Breit und flach
Mittel
Niedrig
Micro-Hub
Flink (vgl. Abb. 2)
Es wird deutlich, dass diese beiden Formen des OLEH eine eigene Ausprägung der Standortpräferenzen haben, die wir in diesem Beitrag für den Raum Köln näher untersuchen wollen.

Methodisches Vorgehen

Die räumliche Verteilung der Betriebe des Q‑Commerce und des klassischen E‑Commerce resultiert aus dem Standortentscheidungsprozess der einzelnen Unternehmen. Um diesen Prozess nachzuvollziehen, werden zunächst die für die Untersuchung relevanten Standortanforderungen identifiziert. Bei dem Standortentscheidungsprozess eines Unternehmens spielt eine Vielzahl von Faktoren eine Rolle (Krol 2010, S. 37). Da es sich bei den Betriebsformen des klassischen E‑Commerce und des Q‑Commerce um Wirtschaftsbetriebe handelt, sind sog. harte, beschaffungs- und absatzorientierte, ferner betriebswirtschaftliche Standortfaktoren, relevant (Krol 2010, S. 68; Kulke 2017, S. 68). Vor diesem Hintergrund stellen die folgenden Indikatoren relevante Standortanforderungen dar (Dederichs und Dannenberg 2021, S. 590, 601):
  • Konsument*innendichte im Einzugsbereich
  • Verkehrsanbindung
  • Standortgebundene Kosten
  • Raumangebot (Darstellung im Flächennutzungsplan)
  • Wettbewerbssituation
Als Ausgangspunkt für die weitere Analyse wird eine möglichst exakte und vollständige Abbildung der Standorte des OLEH im Untersuchungsgebiet Köln erstellt. Die hierfür notwendige Datenbasis wurde selbst recherchiert und zusammengestellt. Vor allem über Internetseiten und Softwaretools der Anbieter konnten verlässliche Adressdaten zu den Standorten gesammelt werden. Um den Datensatz auf Vollständigkeit und Validität zu prüfen und somit eine gute Datenqualität zu sichern, wurden weitere Internetquellen genutzt, Adressdaten vor Ort überprüft und Informationen bei den Unternehmen direkt angefragt.
Im Zuge der Untersuchung wurden acht Unternehmen mit insgesamt 23 Standorten des reinen E‑Commerce ermittelt, die sich auf 16 Stadtteile Kölns verteilen. Davon konnten anhand der strukturellen Merkmale vier Unternehmen dem Q‑Commerce und vier dem klassischen E‑Commerce zugeordnet werden, die je nach Betriebsform über 18 respektive fünf Standorte im Raum Köln verfügen. Die Verteilung der lokalisierten Standorte auf die verschiedenen Unternehmen und Betriebstypen sowie deren Lage innerhalb Kölns lässt sich in Tab. 3 nachvollziehen.
Tab. 3
Distributionszentren der Unternehmen des Q‑Commerce (kursiv) sowie des konventionellen Lebensmittel-E-Commerce (fett) innerhalb des Kölner Stadtgebiets (Stand 08.2022). (Quelle: Eigene Recherche)
Unternehmen
Anzahl der Distributionszentren
Standorte der Distributionszentren (Stadtteil)
Flink Lebensmittel GmbH
7
Sülz, Ehrenfeld, Neustadt/Nord, Altstadt/Süd, Lövenich, Vingst, Weidenpesch
Getfaster GmbH
1
Neustadt/Nord
Getir Germany GmbH
5
Mülheim, Altstadt/Nord, Nippes, Bickendorf, Zollstock
Gorillas Operations Germany GmbH und Co. KG
5
Altstadt/Nord, Sülz, Altstadt/Süd, Ehrenfeld, Nippes
Bring24 GmbH
1
Godorf
Picnic GmbH
1
Gremberghoven
Rewe Digital GmbH
1
Niehl
Flaschenpost SE
2
Ossendorf, Gremberghoven
Zum weiteren methodischen Vorgehen wurden die Daten in das Geoinformationssystem QGIS eingepflegt und kartiert. Zudem flossen weitere, bei den Unternehmen angefragte Daten in die Analyse ein. Diese wurden mit kleinräumigen statistischen Daten der Stadt Köln gekoppelt, woraus sich bereits ein erkenntnisreiches Bild über ausgewählte Standorte des OLEH ergab. Schlaglichter dieser Auswertung werden im Folgenden dargestellt.

Standortmerkmale des OLEH in Köln

Die räumliche Verteilung der 23 Standorte des reinen E‑Commerce innerhalb Kölns ist in Abb. 3 und 4 visualisiert. Die Unternehmen des klassischen E‑Commerce liefern in der Regel aus großflächigen, sog. Fulfillment-Centern (Dederichs und Dannenberg 2021, S. 594; Verduga et al. 2021, S. 7). Ein Beispiel für ein Unternehmen des klassischen E‑Commerce ist die Rewe Group. Das Unternehmen zählt zu den führenden Anbietern im OLEH in Deutschland (Dannenberg et al. 2020, S. 553) und beliefert aus einem halbautomatisierten 17.000 m2 großen Fulfillment-Center im Stadtteil Köln-Niehl das gesamte Stadtgebiet mit Lebensmitteln (Binder 2018; Rewe Markt GmbH o.J.). Das im Flächennutzungsplan der Stadt Köln als Industriefläche gekennzeichnete Gebiet besitzt mit nur 460 Einwohner*innen/km2 die geringste Bevölkerungsdichte innerhalb Kölns und hat ein durchschnittliches Mietpreisniveau von 11,00–11,99 €/m2. Das Mietpreisniveau wird in diesem Beitrag als ungefährer Proxy für die standortgebundenen Kosten gesetzt. Zudem liegt das Fulfillment-Center verkehrsgünstig in einer Entfernung von rund 800 m zum Autobahnanschluss Fühlingen/Ford Merkenich der Autobahn 4. Neben der Rewe Group sind in dem Industriegebiet weitere Unternehmen aus der Logistikbranche angesiedelt, beispielsweise der Logistikdienstleister Ekol Logistik GmbH oder der Frachtspeditionsdienst Dhl Freight GmbH. Das Erscheinungsbild des Standorts ist gewerbegebietstypisch durch große Hallen mit austauschbarer Architektur gekennzeichnet.
Die beschriebenen Merkmalsausprägungen entsprechen den Standorten der drei anderen Lebensmittellieferdiensten des klassischen E‑Commerce innerhalb Kölns, der Bring24 GmbH, der Picnic GmbH und der Flaschenpost SE. Alle vier Unternehmen bedienen die regionale Nachfrage im gesamten Stadtgebiet aus Zentrallagern, die in Industrie- oder Gewerbegebieten liegen. Kernmerkmal ist somit das großflächige Liefergebiet mit einem entsprechend großen Kund*innenpotenzial, welches sich jedoch nachteilig auf Transportkosten für die letzte Meile und Lieferzeiten auswirkt (von Viebahn et al. 2020, S. 5, 6; Dannenberg und Franz 2014, S. 4). Wie das Zentrallager der Rewe Group liegen auch die Standorte der drei anderen Unternehmen auf Gewerbe- oder Industrieflächen, die in der direkten Umgebung eine geringe Bevölkerungsdichte sowie ein geringes Preisniveau bei den (Wohn‑)Mieten aufweisen und dem Flächenanspruch verkehrlichen Anforderungen an den Fernverkehr gerecht werden.
Die Unternehmen des Q‑Commerce lagern den Warenbestand in mehreren kleinflächigen Micro Hubs, die über das Stadtgebiet verteilt sind. Beispielsweise hat die Flink GmbH sieben Logistikstandorte im Raum Köln, darunter einen Standort im Stadtteil Sülz, einem der Kölner Stadtteile mit der höchsten Bevölkerungsdichte. Die Bevölkerungsstruktur ist durch eine überdurchschnittliche Anzahl an 18- bis 34-jährigen Menschen, eine hohe Haushaltsdichte sowie eine geringe Arbeitslosenquote gekennzeichnet. Die Umgebung des Standortes, welche im Flächennutzungsplan der Stadt Köln als Wohngebiet geführt wird, ist geprägt durch Mehrfamilienhäuser, kleine Restaurants und Cafés. Das bevorzugte Auslieferungsmittel am Standort sind E‑Bikes, die zu den Öffnungszeiten auch vor dem Lokal auf den Gehwegen abgestellt werden. Das Liefergebiet des Micro-Hubs umfasst auf einer Fläche von 19,73 km2 die Stadtteile Zollstock, Klettenberg, Sülz und Lindenthal. Um ein größeres Stadtgebiet abzudecken, besitzt die Flink GmbH weitere sechs Standorte in anderen Stadtteilen, die sich ebenso durch eine hohe Bevölkerungsdichte kennzeichnen. Das gesamte Liefergebiet von Flink nimmt ungefähr ein Viertel des Kölner Stadtgebiets ein und deckt mit rund 530.000 Personen die Hälfte der Kölner Bevölkerung ab. Die Distanz zu dem nächstgelegenen Autobahnanschluss beträgt bei Unternehmen des Q‑Commerce im Schnitt 2,148 km. Vom Standort in Köln-Sülz beträgt die Distanz zur Autobahnauffahrt im Stadtteil Klettenberg sogar fünf Kilometer. Das Mietpreisniveau liegt an diesem Logistikstandort mit 13,00–13,99 €/m2 im vergleichsweise hohen Bereich. Die ebenfalls in Köln ausliefernden Unternehmen des Q‑Commerce, Getir, Gorillas und Getfaster zeigen vergleichbare Standortmerkmale. Alle Standorte des Q‑Commerce können in Stadtteilen mit einer überdurchschnittlichen Bevölkerungsdichte verortet werden. Im Schnitt beträgt die Einwohnerdichte in den Liefergebieten des Q‑Commerce 8315 Einwohner*innen/km2 und liegt damit deutlich über der Bevölkerungsdichte des gesamten Kölner Stadtgebiets (2697 Einwohner*innen/km2). Dies bedingt höhere Mietkosten sowie eine geringere Flächenverfügbarkeit. Die Analyse der Standorte zeigt, dass die vier Unternehmen des klassischen E‑Commerce im gesamten Stadtgebiet konkurrieren, während die Unternehmen des Q‑Commerce nur 37 der 86 Kölner Stadtteile abdecken und nur in sechs Stadtteilen Kölns alle vier Unternehmen den Lieferdienst anbieten.

Fazit

Der E‑Commerce fügt dem sich stetig wandelnden Lebensmitteleinzelhandel eine weitere Facette hinzu. In den urbanen Gebieten unserer Großstädte gehören die Lieferfahrzeuge von Rewe, Flink und weiteren Unternehmen bereits zum Stadtbild. Dieser Beitrag zeichnet das Bild der Standortstruktur für die Stadt Köln nach und leitet hiervon Standortfaktoren dieser neuen Vertriebsform ab. Die Erkenntnisse fügen sich dabei passend in die Diskussion um die Kategorisierung der Standortfaktoren ein, wie sie bspw. bei Dederichs und Dannenberg (2021) geführt wurde. Dieser Kategorisierung entsprechend verweist auch die Organisationstruktur der verschiedenen Betriebsformen auf eine unterschiedliche Verteilung im Raum.
Die in diesem Beitrag betrachteten Unternehmen des klassischen E‑Commerce wählen ihren Standort auf Gewerbe- und Industrieflächen in städtischen Randlagen, wo sie eine große Flächenverfügbarkeit bei geringeren standortgebundenen Kosten pro Flächeneinheit vorfinden. Durch die großen Liefergebiete sind die Unternehmen nicht auf eine hohe Bevölkerungsdichte in direkter Nähe zum Standort angewiesen, jedoch muss der Standort verkehrsgünstig angebunden sein. Im Gegensatz hierzu ist bei der Standortwahl eines Unternehmens des Q‑Commerce in erster Linie die Anzahl schnell erreichbarer Kund*innen im Einzugsbereich des Vertriebsstandorts ausschlaggebend. Dementsprechend liegen die Standorte des Q‑Commerce in zentralen Lagen mit hoher Bevölkerungsdichte, die im Flächennutzungsplan zumeist als Wohngebiet ausgewiesen sind. Jedoch zeichnen sich diese durch höhere standortgebundene Kosten in Form von Mietkosten und durch eine schlechtere Anbindung an den Fernverkehr aus. Für Planer*innen ergibt sich hieraus zudem die Frage nach Nutzungskonflikten in Wohngebieten mit hoher Bevölkerungsdichte. Die Ergebnisse im Rahmen dieses Beitrags lassen aufgrund des Umfangs der Untersuchung nur eine erste Einschätzung zu. Weitergehend bleibt abzuwarten, ob die Krisen der Gegenwart ökonomischen Spielraum für Kurzfristlieferdienste lassen oder, ob die Mehrheit der Nutzer*innen sich wieder alternativen und ggfs. günstigeren Vertriebsformen zuwendet und Q‑Commerce somit nur ein vorübergehendes Phänomen ist.
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Literatur
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Metadaten
Titel
Lebensmittelmarkt im Wandel
Eine raumwirtschaftliche Analyse der Standortanforderungen des Online-Lebensmittelhandels am Beispiel der Stadt Köln
verfasst von
Emma Caroline Prumbaum
Simon Rohde
Publikationsdatum
12.05.2023
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Erschienen in
Standort
Print ISSN: 0174-3635
Elektronische ISSN: 1432-220X
DOI
https://doi.org/10.1007/s00548-023-00854-1